Über den YouTube Videokanal können neben selbstgefertigten Videos auch Ausschnitte aus urheberrechtlich geschützten Filmen hochgeladen werden. Weil die Verwertung und die Veröffentlichung von Filmwerken oder von Teilen solcher Werke nur dem Urheber gestattet ist, liegt immer dann eine Rechtsverletzung vor, wenn dieser keine Freigabe erteilt hat. Eine Filmverwerterin, die die Lizenz zur Veröffentlichung von zwei Filmen besitzt, hatte festgestellt, dass diese urheberrechtlich geschützten Filme von drei verschiedenen Anbietern auf dem YouTube Videokanal zum Anschauen angeboten wurden. Um den Rechtsverstoß verfolgen zu können, benötigte die Filmverwerterin Adressdaten der YouTube Nutzer. Sie forderte YouTube und deren Muttergesellschaft Google Inc. deshalb dazu auf, ihr Adressdaten zu übermitteln.
Oberlandesgericht entscheidet über Auskunftsanspruch gegen YouTube
Die Plattformbetreiber teilten mit, dass ihnen klassische Adressdaten ihrer Nutzer, von denen sie nicht einmal die Klarnamen kennen, nicht vorliegen. Daraufhin verlangte die spätere Klägerin Herausgabe von E-Mail-Adressen und IP-Adressen. Diese Auskünfte verweigerten die YouTube Betreiber. Die daraufhin von der Inhaberin des Urheberrechts eingereichte Klage auf Auskunfterteilung wurde vom Landgericht abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 05.09.2017 zum Aktenzeichen 11 U 71/16 eine Entscheidung verkündet. Die Richter aus Frankfurt verurteilten YouTube und Google als Beklagte dazu, der Klägerin die E-Mail Adressen derjenigen Nutzer, die Urheberrechtsverletzungen begangen haben, mitzuteilen. Telefonnummern und IP-Adressen werden nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt nicht von der Auskunftspflicht erfasst.
Definition von „Anschrift“
Die Rechtsgrundlage für eine Auskunftspflicht findet sich in § 101 UrhG. Daran, dass YouTube den Nutzern eine gewerbsmäßige Leistung anbietet, hatten die Richter keinen Zweifel. Diese Leistung wurde zum Hochladen urheberrechtlich geschützter Inhalte genutzt und diente deshalb einer Rechtsverletzung. Das grundsätzliche Bestehen einer Auskunftspflicht muss deshalb uneingeschränkt bejaht werden. Fraglich bleibt, welche Auskünfte der Anspruch dem Wortlaut des § 101 UrhG nach von der Auskunftspflicht umfasst werden. Ausdrücklich sind „Name“ und „Anschrift“ erwähnt. Das Oberlandesgericht Frankfurt legte den Begriff „Anschrift“ klassisch als Bezeichnung des Wohnortes, an welchem eine geschriebene Nachricht den Empfänger am ehesten erreichen wird, aus. Weil seit der Einführung des § 101 UrhG die E-Mail Adresse immer weiter an allgemeinere Bedeutung für den Schriftverkehr gewonnen habe, sei es angemessen, bei den Bezeichnungen „Anschrift“ und „Adresse“ auch die E-Mail Adresse zu berücksichtigten. Für die Einbeziehung der IP-Adresse spreche allerdings nichts, weil diese Kennung nicht den Zweck hat, den Austausch von geschriebenen Nachrichten zu ermöglichen. Dies gilt auch für Telefonnummern. Nach dem Wortlaut des § 101 UrhG besteht also ein Anspruch auf Übermittlung von Namen und E-Mail Adressen der YouTube Nutzer, nicht aber auf Herausgabe von IP-Adressen und Telefonnummern.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat als Berufungsgericht geurteilt. Die Revision wurde zugelassen. Der Urteilsspruch ist also noch nicht rechtswirksam.